Persönliche Gedanken zum Gebiss
- Eliane Schütz

- 12. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Juni
> Mit oder ohne Gebiss? Gebiss oder gebisslos ist in meinen Augen kein "entweder oder", sondern eine schöne Ergänzung. Je nach Vorhaben, ob feine Arbeit im Viereck oder Erholung im Wald, je nach Können von Pferd & Reiter oder Vorgeschichte des Pferdes bietet sich das eine oder andere mehr an. Abwechslung bei der Zäumung hilft auch zu erkennen, wie profund die Verständigung mit dem Pferd ist - denn diese sollte nicht an einen bestimmten Ausrüstungsgegenstand gebunden sein. Heisst aber auch, dass eine neue Zäumung erst im sicheren Rahmen ausprobiert, wenn nötig Grundlagenarbeit nachgeholt, und erst dann zum Wiesengalopp angesetzt wird😉.
> Welche Gebissform? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Pferde gern etwas stabileres, ruhigeres im Maul mögen. Deshalb finde ich Stangengebisse eine echte Alternative zu den üblichen einfach-/doppelt gebrochenen Trensen. Hebelfreie Stangen erachte ich bei gefühlvoller, mitgehender Hand nicht als "schärfer" als gebrochene. Jedes Gebiss kann dem Pferd unangenehm bis schmerzhaft sein, wenn die Bedienung durch den Reiter unangemessen ist! Eine gute eigene Geschmeidigkeit und Koordination ist Voraussetzung für das Reiten mit Gebiss.
Nach einem Jahrzehnt klassischer Ausbildung reite ich selbst unterdessen vorwiegend im Gelände und nach biotensegralem Verständnis, bei welchem das Pferd aktiv horizontal ans Gebiss zieht. Dieses dient dann als Orientierung für die Kraftausrichtung im Körper und wird von der Zunge aktiv getragen (ein Zeichen gut funktionierender tiefer Faszienstrukturen). Das fällt den meisten Pferden mit einem Stangengebiss tatsächlich leichter und kann ihnen helfen, schneller in eine gesunde Gebrauchshaltung zu finden. Traue dich, sorgfältig und unvoreingenommen auszuprobieren, womit sich dein Pferd am wohlsten fühlt.
Ich denke bei den Gebissen ähnlich wie bei den Sattellösungen: Bei allem sorgfältigen Recherchieren und Nachdenken - es sollten immer verschiedene Produkte ausprobiert werden, da die Anatomie und die sujektiven Vorlieben bei unseren Pferden so unterschiedlich sind. Auf dem Rücken wie im Maul finde ich zudem eine regelmässige Abwechlung sehr sinnvoll. Genauso wie jedes Pad/Sattel eine bestimmte Druckverteilung hat, ist es auch mit dem Gebiss im Maul. Es ist für die Strukturen im Körper hilfreich, nicht immer die gleiche Belastung zu erfahren. Wichtig sind dabei sachte Wechsel, bei denen neue Produkte erst sporadisch für kurze Zeit verwendet und dann die Nutzungsintensität langsam gesteigert wird. So dass sich der Körper an die neue Belastungsart gewöhnen kann und nicht überrumpelt wird (bei Reitpads/Sätteln merkt der Reiter das evt. selbst mit einem Muskelkater, beim Gebiss denken wir weniger daran).
> Welches Gebissmaterial? Der Gebissmarkt ist riesig und ich selbst habe schon ganz verschiedene Materialien ausprobiert. Lange mit den üblichen Metallgebissen unterwegs, Edelstahl oder Legierungen mit etwas Kupferanteil, insgesamt sehr pflegeleicht. Nach unserem Umzug in einen kleinen Privat-Offenstall mit viel Komfort für die Vierbeiner, aber einfacher Ausstattung für Zweibeiner fehlte mir im Winter das Warmwasser zum angenehmen Anwärmen der Gebisse. Natürlich gibt es die unter-dem-Mantel-Aufwärmmethode, aber mich inspirierte der Umstand, alternative Materialien auszuprobieren. Zuerst landete ich bei den Ledergebissen, die aber in genug dünner Version für Kleinpferde gar nicht so einfach zu finden waren. Meine Pferde nahmen sie sogar noch lieber an, als die aus Metall - nur der Youngster hat mir die erste ziemlich verbissen, als er noch in der maul-aktiven Phase war. Da ging es ein halbes Jahr zurück zu Metall, unterdessen geht es wieder ohne Beissspuren. Ich fand im Netz noch den Tipp, ein mit Atemwegskräutern angereichertes Öl zur Lederpflege zu nutzen - ein toller kleiner Kur-Nebeneffekt beim Reiten. Sehr Interessant finde ich auch die neuen Entwicklungen bei den Kunststoffgebissen - wo es unterdessen wirklich hochwertige Produkte gibt, wie die beris-Tresen in meinem Sortiment. Die Oberfläche ist absolut glatt (keine dieser rauen Gummigebisse), kann gut eingespeichelt werden, ist aber leichter und deutlich temperaturneutraler als Metall. Kommenden Winter möchte ich Titan ausprobieren, eines von vielen Materialen meines neusten Herstellers Fager-Gebisse, auch das soll temperaturneutraler sein als Edelstahl und die gängigen Legierungen. Auch hier: Probiere aus und lass dein Pferd entscheiden🐴🍀.



