Entscheidungshilfen für die Reitpad-/Sattelauswahl
- Eliane Schütz

- 4. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Neben bewährten Reitpads zur Balance-Schulung und dem nahen Kontakt zum Pferd findest du bei REITFREUDE auch Produkte, die eine Mischung aus Reitpad und herkömmlichem Sattel sind und eine echte Alternative zu letzterem darstellen: So flexibel wie möglich, um volle Bewegungsfreiheit zu gewähren und die Anpassung einfach zu halten. So stabil wie nötig, um der Anatomie von Pferd und Mensch gerecht zu werden und angenehmes Reiten inkl. der Nutzung von Steigbügeln zu ermöglichen. Unter diese Kategorie fallen z.B. der Leichtsattel von Garrido, das Paddle von Signum, die Filzsättel von La Selle und die Fellsättel von Grandeur. Zu dieser Alt flexibler, baumloser Sättel werde ich das Folgendes oft gefragt:
Wie ist die Gewichtsverteilung bei diesen Modellen? Alle Produkte meines Sortiments haben keinen festen Sattelbaum, können also physikalisch die Last NICHT vom vordersten bis hintersten Zentimeter verteilen. Mit einer guten Polsterung und je nach Modell zusätzlichen flächigen Stabilisatoren (Leichtsattel, Paddle, Fellsattel) verteilen sie das Gewicht aber so gut, dass keine fürs Pferd unangenehme Druckspitzen durch die Sitzbeinhöcker entstehen. Nach meiner Erfahrung kommen die meisten Pferde sehr gut mit einer Hauptbelastung in der Mitte der Auflagefläche (dort wo der Reiter sitzt) zurecht. Die Verträglichkeit hängt massgeblich vom Reitergewicht, der Reitdauer und -häufigkeit sowie dem Trainingszustand des Pferdes ab. Dazu möchte ich keine Zahlen nennen, dazu ist die Realität zu komplex - bitte reflektiere deine eigenen individuellen Voraussetzungen und teste Produkte erst aus, um zu sehen, wie sie deinem Pferd gefallen.
Geht es ohne Kopfeisen? In vielen Fällen ja. Eine fixe Kammerweite, oft noch unzureichend angepasst, behindert in der Reit-Realität leider viele Pferde in ihrer freien Bewegung. Sattellösungen mit voller Flexibilität hinter den Schulterblattern können nicht einengen und schmiegen sich der Anatomie des Pferdes ohne fachmännischen Service automatisch an. Trotzdem muss gewährleistet sein, dass der Widerrist komplett frei von Druck bleibt, auch unter Belastung und in Bewegung. Mit diesem Qualitätsanspruch kommt man bei gewissen Widerristformen (sehr hoch, schmal, schlecht bemuskelt) aber ohne feste Teile bautechnisch an die Grenze. Dann gibt es keine andere Wahl als ein Modell mit Kopfeisen (Paddle oder herkömmlicher Sattel). Modelle ohne Kopfeisen können durch ihre Flexibilität auch eher seitlich rutschen als solche mit Kopfeisen. Bitte von einer Erhöhung aus aufsteigen und nur im Rahmen von reiterlichem Können & Balance nutzen - Sicherheit geht vor.
Wie kann ich die Steigbügeln nutzen? Alle vorgängig erwähnten Produkte können mit Steigbügeln versehen werden. Das heisst aber noch nicht, dass diese überall wie bei einem herkömmlichen Sattel genutzt werden können! Zuallererst dienen sie dem ruhigen Abstellen der Füsse, was die Hüfte entlastet und oft ein zentrierteres Reiterbecken ermöglich. Die Steigbügel können weiter helfen, das Pad/den Sattel bei schiefen/jungen Pferden mittels Bügeltritt am richtigen Ort zu halten. Und manchen Reitern sind sie im Gelände auch eine Sicherheit, wenn das Pferd einen überraschenden Hüpfer macht. Die darüber hinaus gehende Nutzung, z.B. zum Aufsteigen oder Leichttraben wird von den Herstellern unterschiedlich beurteilt. Signum hat bzgl. des Paddles am wenigsten Vorbehalte, Grandeur und La Selle erwähnen, dass diese Nutzungen nicht vorgesehen seien. Ich mache mir zusammen mit weiteren Produkttestern und natürlich den Kundenerfahrungen gerne ein eigenes Bild. In meinen Augen spielt das Reitergewicht und die Tragekompetenz des Pferdes eine entscheidende Rolle. Gut trainierte, in sich stabile Pferde kommen mit dem Leichtreiten auch in diesen flexiblen, baumlosen Sättel gut zurecht - laufen sogar oft noch schwungvoller durch die grössere Bewegungsfreiheit. Weil der Druck im Stehmoment auf eine kleinere Fläche rund um die Steigbügelaufhängung verteilt wird (im Gegensatz zum gesamten Gesäss und Oberschenkel beim Ein/Aussitzen) verträgt diese Nutzung m.E. aber ein kleineres absolutes Reitergewicht. Weiter würde ich nicht lange am Stück Leichttraben. Wenn ich meine flotten Ausritte im hügeligen Gelände tracke, macht das Leichttraben oft nur erstaunlich wenige Minuten aus. Beim Reiten in weiter, flacher Landschaft sowie auf dem Reitplatz kann schnell mehr zusammen kommen, da empfehle ich Zurückhaltung und mehr Gangarten, die gut ausgesessen werden können. Abraten möchte ich vom leichten Sitz (dauerhaftes im Bügel stehen), Springen und dem vom Boden aufsteigen (selbst wenn der flexible Sattel am Platz bliebe, riskiert man ihn mit der Zeit zu verziehen). Das ist explizit eine persönliche Einschätzung aufgrund der Bauweise dieser Sättel sowie dem bisherigen Erfahrungsschatz. Die Nutzung liegt ganz in deiner Eigenverantwortung, bitte beobachte dein Pferd aufmerksam.
Wie unterscheidet sich das Sitzgefühl der Modelle? Bis auf Grandeur Reitpad & Fellsattel haben alle verfügbaren Modelle einen recht schmalen, taillierten Sitz und dünne Monosattelblätter, welche auch die Oberschenkel nah am Pferd anliegen lassen. Zusammen ergibt das gute Voraussetzungen für einen zentrierten, aufrechten Reitersitz und auch dressurmässige Arbeit. Ausnahme sind nur die Produkte von Grandeur (Reitpad & Fellsattel) - diese setzen den Reiter ziemlich breit bzw. ähnlich wie ganz ohne Sattel. Wenn die Hüftflexibilität das hergibt, sind sie aber wunderbar bequem für Ausritte.
Welches Oberflächen-Material passt zu mir? Für Anfänger, in hügeligem Gelände oder zum Aussitzen schwungvoller Gänge gibt ein griffiges Wild-/Rauleder eine sinnvolle Unterstützung für einen ruhigen Sitz. Relevant ist in meinen Augen dabei der Sitzbereich. Wildleder an den Oberschenkeln ergibt schon recht viel Grip und ist Geschmackssache. Wildleder bekommt naturgemäss Nutzungsspuren und verliert an den Reibungstellen an Rauigkeit, auch wird es bei Regen deutlich feuchter und braucht eine längere Trocknungszeit als glatte Materialen (Tipp: Regenüberzug von Signum). Mit vorsorglicher Imprägnierung, gelegentlichem Aufrauen/Bürsten und gut belüfteter Lagerung im Regenfall ist Wildleder aber genauso haltbar. Sitzflächen aus glattem Nappaleder ermöglichen tendenziell mehr Bewegungsfreiheit. Am Sattelblatt ist Kunstleder dem echten Nappaleder bzgl. Preis und Pflegeleichtigkeit etwas voraus, von der Optik her scheint es mir Geschmackssache zu sein.


